10.TOPOGRAPHIE VON GÖTZIS IM ÜBERBLICK

 

Da in den obigen Darstellungen vor allem das Zubehör zu den einzelnen Höfen nur in groben Zügen erwähnt werden konnte, ist es angebracht, einen Überblick über die grundherrliche Zugehörigkeit der einzelnen Fluren zu geben.[1] Der Zentralbereich des Dorfes ist die Gegend zwischen dem Emmebach, der Hans-Berchtoldstraße und der Dr.-Alfons-Heinzlestraße. Hier lag der alte neuburgische Hubhof aus dem die Kirche, der Pfarrhof und das Frühmeßhaus und schließlich der Landammannhof abgesondert wurden. Unmittelbar daran floss die Emme durch ein aufgefächertes Steinat (mit Schotter bedecktes Überschwemmungsgebiet), das später zu Ackerland umgewandelt wurde.

Dieser ganze Bereich scheint ursprünglich mit jener Burg verbunden gewesen zu sein, die an der Stelle der späteren Burg Neu-Montfort gestanden war. Der dieser Burg vorgelagerte Bühel war mit Weingärten ausgestattet, die dann zum größeren Teil zu Neu-Montfort, zum kleineren Teil zu Neuburg gehörten. Unten an diesem Weingelände stand der Torkel, auch ,,Widentorkel“ genannt, weil unmittelbar das ,,Wida“ angrenzte. Dieses dürfte altes Widumgut und mit dem Weingarten identisch sein, den Friedrich von Österreich zusammen mit der Kirche dem Kloster St. Johann schenkte. Unmittelbar daran schloss sich ein neuburgisches Gut desselben Namens. Der Großteil der südlich vorgelagerten Wälder auf dem Zworms, Thierenberg, Glofer und des Gebietes von St. Arbogast gehörte zu Neu-Montfort, (zuvor dem Kloster St. Johann im Thurgau); unmittelbar westlich schloss sich jedoch das neuburgische ,,Moos im Kalkofen“ an. Inmitten des Glattensteinmooses scheint das ,,Bischofsried“ gelegen zu sein, das vor allem Rossen als Weide, zuvor jedoch den Burgen als Streueried diente.

Da die Straßen von Norden erst bei der Brücke am Junker-Jonas-Platz auseinandergingen, entwickelte sich hier eine Straßenzollstätte, an die auch der montfortische ,,Kellhof‘ mit dem ,,Zehentstadel“ verlegt wurde, als die der Kirche nähergelegenen Hofstätten bei der neuburgischen Herrschaft geblieben waren. Davon kommen die Namen ,,Zollwehr“ und ,,Zollbünt„. Daneben wurde eine Taverne eingerichtet, damit die Fuhrleute einkehren konnten. Gegenüber war eine Schmitte, wo die Pferde beschlagen wurden. Später sind mehrere Schmitten und eine Wagnerei an dieser wichtigen Stelle bezeugt.

Der Kellhof wurde von der Herrschaft bald nach 1363 veräußert und kam dann teilweise an das Kloster St. Johann im Thurtal. Der bei der Schmitte liegende neuburgische Schmitterhof  blieb zwar als Verwaltungseinheit noch lange bestehen; aber die eigentliche Hofstätte scheint früh in die Hände der Grafen von Hohenems übergegangen zu sein.

Neben diesen herrschaftlichen Höfen lagen die freien Höfe der Bauern teilweise sehr eingeengt. Ein beträchtlicher Teil dieser Bauern mag zu den Eigenleuten der Herrschaft Neuburg gezählt haben und schließlich von den neuburgischen Höfen herstammen. So mögen die überraschend vielen kleinen und geteilten Hofstätten zu erklären sein. Ob es daneben schon von Anfang an eine freie Bevölkerung gegeben hat oder ob diese erst später frei geworden war, vielleicht besonders aus dem Kreis der montfortischen Eigenleute, ist schwer zu beurteilen. [2]

Jedenfalls fällt auf, dass in der großen Flur ,,Ziel“ außer dem Bereich unmittelbar am Emmebach (Steinat) nur ganz wenig herrschaftliches Gut nachzuweisen ist. Eine

Urkundenform ,,zylat[3] für ein Stück unmittelbar unter dem Schmitterhof deutet darauf hin, dass bei diesem Flurnamen nicht das Wort Ziel, sondern das Wort Zeile zugrunde liegt. Genau dort übersetzt eine alte Gasse den Emmebach, an welche weiter nördlich die auffallend langen Stücke der genannten Flur stoßen (heute Ringstraße und Gartenstraße). Ringstraße, Schlößleweg und Flurgasse schneiden teilweise diese Fluren. Diese langen Fluren in einer einzigen Reihe erinnern an ähnliche Fluren im rätoromanischen Bereich. [4]

Westlich vom Ziel liegen die fast ausschließlich neuburgischen Fluren ,,Hub, Langenfurch, Böckeler“ und ,,Spines„, die im inneren Teil nord-südlich, im äußeren Teile west-östlich gestreift sind. Hier handelt es sich um das zum Hubhof gehörige, wahrscheinlich in zwei Etappen dem Wildland abgerungene Ackerland. Auffallend ist, dass die danebenliegende ,,Breite“ kein nennenswertes neuburgisches Ackerland aufweist. Da jedoch der Name auf herrschaftliches Gut hinweist, könnte man vielleicht an Kellhofgut denken. Unmittelbar bei der Breite liegt wie in Dornbirn bei Kellers

Breiten Hanfland. [5] Ein schmales Zwischenstück wird ,,Scheibe“ genannt.

Von der Zollbünt im Gebiet der heutigen neuen Kirche aus setzt sich ein Siedlungsstreifen nordwärts fort. Er ist gekennzeichnet durch Bünten zunächst mehr privater Zugehörigkeit: Schatzgrub, Spaltsbünt, Anwander, Freners Bünt, Kirchacker, Junkersbünt, alle ungefähr entlang der heutigen Bundesstraße. Die letztere hatte zunächst ,,Langenauers Bünt“ und dann ,,Jonenbünt“ geheißen. Wie die Namen besagen, ist anzunehmen, dass hier zunächst Leute vom Dorf nur eigene Bünten auf dem Wildlande errichteten und später dorthin zogen.

Östlich von der Straße ist der große Hof ,,Buchbach„, der wahrscheinlich zunächst auch montfortisch gewesen war. Daran schließen sich weiter rechts der Straße das ,,Hennenhöfle“ und ,,Meierschilis Hof‘ und jenseits des Weges der neuburgische ,,Secklerhof‘. Auch diese weisen teilweise auf den Kellhof teilweise auf den neuburgischen Hubhof im Dorf zurück. Das ganze Buch ist also deutlich eine Ausbausiedlung vornehmlich des 13. und 14. Jahrhunderts, eine Rodung im Buchenwald, gekennzeichnet durch auffallende Abgaben von Eiern, Bohnen, Erbsen und Gerste.

Der romanische Name dieses Buchenwaldes lebt im Namen ,,Fibrüte“ weiter. Hier sind alle Grundherrschaften vertreten und daneben noch genügend Platz für private Rodung. Die verhältnismäßig regelmäßige streifenförmige Austeilung lässt jedoch hier an eine gemeinsame Aktion denken, vielleicht an eine Beseitigung des Gebüsches für die Viehweide und erst nachfolgende Aufteilung.

Der Buchbach floss von Jonenhof entlang der Jonenbünt westwärts und ist hier in einigen weiteren Namen ,,Bachacker, Grabacker, Forätzin, Gräbeler“ fassbar. Wichtiger aber ist der Name ,,Ammannhauser„. Zunächst gibt der Name keinen Sinn. Also denkt man denn eher an die Herren von Altmannshausen, die in der Herrschaft Feldkirch und auch in Götzis eine gewisse Rolle spielten. Allerdings ist der Name Ammannhauser gut ein Jahrhundert früher belegt als sonst die Edlen von Altmannshausen in unserem Raum auf

Tauchen. [6] Diese Schwierigkeit ist vorläufig nicht zu lösen. Von dieser Flur gehören nur einzelne Teile den Herrschaften. Trotzdem scheint es, dass gerade von solchen Teilen, die der Herrschaft Feldkirch zugehörten, diese Bezeichnung ausging.

Blesenbünt“ zwischen den Straßen Im Holderlob und Oberes Tobel ist fast durchwegs herrschaftlich.

Nördlich schließt sich das große Buch(er)feld an [7] ein Bereich, der gegen das Moosfeld durch einen kleinen Feldrain abgeschlossen war. Dieser war offenbar mit Holundergebüsch bewachsen und brachte großen Teilen dieser Flur den Namen ,,Holderlaub“ ein. Ganz im Westen, an der Ecke Kreuzgasse-Unteres Tobel

lag zunächst die Flur ,,Buchstock„, wahrschein]ich richtiger ,,Buchstockach“ geheißen, später ,,Gerstenbünt“ genannt. Dieser Name deutet auf eine nachträgliche Rodung hin. Hier lagen herrschaftliche Güter. Nach einem kleinen Streifen von Eigengütern teilt sich die Flur in einen innern und einen äußeren Streifen. Der äußere, nördliche Streifen, in seinem westlichen Teil ,,Große Bünt“ genannt, einmal auch ,,Küngelscher„, ist fast lückenlos herrschaftlich, St. Johann, dem Jonenhof und der Herrschaft Neuburg zugehörig. Der innere, südliche Teil, gegen die Straße ,,Im Holderlob“ zu gelegen, ist nur teilweise herrschaftlich, nämlich neuburgisch, dazwischen liegen Stücke, die zur Zeit der Urbare besonders auffallend mit dem Namen Ludescher verbunden sind, sodass man an eine Zugehörigkeit zum Hof am Buchbach und wiederum herrschaftliche Herkunft annehmen könnte. Es scheint also, dass dieses schönste Feld von Buch von Anfang an nur herrschaftliche Rodung war, so wie auch Buch selbst nördlich vom Jonenhof fast nur herrschaftlich war. Man beachte die mehrfach vorkommende Bezeichnung ,,Bünt„! Zinsgüter der Grafen von Hohenems und des Klosters Mehrerau liegen teilweise westlich, teilweise östlich der heutigen Bundesstraße. Östlich liegen auch einige weitere, aber nicht mehr lückenlose Güter der herrschaftlichen Höfe, namens ,,am Nispeler“ oder ,,unter der Litten“, offenbar später gerodet als das übrige Bucherfeld.

Das Tobel hat seinen Namen von der eigenartigen Vertiefung im Gelände im Bereich des ehemaligen Buchbaches, heute zwischen Mösleweg und Konstanzerstraße. Dort sind sicher auch die neuburgische ,,Weiherstatt“ und die unmittelbar anschließenden ,,Rainlin“ zu suchen. Zwischen Bahnlinie, Mösleweg und der Straße ,,Unteres Tobel“ lag die ,,Tobelbetten“ und der wahrscheinlich dazugehörende ,,Heimenhof ‚, beides wahrscheinlich wie Fibrüte zunächst für die Viehweide gerodet und nachträglich in herrschaftlichen Besitz übergeführt und an Bauern ausgeteilt. Östlich der genannten Straße ,,Unteres Tobel“ lag der ,,Hof im Moos“, der vermutlich zunächst dem Grafen, dann dem Stift Schänis gehörte und wieder an den Grafen kam. Die spätere Geschichte ist leider nicht mehr bekannt bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, wo nur noch eine überdurchschnittlich große Hofstätte festzustellen ist. Zum Zunderberg s. d. Beitrag von Franz Huber. Außerhalb dieses Geländes war die allgemeine Viehweide, die zu verschiedenen Zeiten in Wiesen und durch Namen auf ,,Hag, Bitze, Wies, Feld, Mahd, Bette“ gekennzeichnet ist. Den Anfang der verschiedenen Einfänge machten

hier wiederum die Herrschaften. 197? [8]

 

Der wichtigste Punkt in diesem Bereich ist Kommingen,‘ aber aus gewissen Umständen ist zu erschließen, dass darunter eher das Gebiet unmittelbar am Kummenberg bei der Parzelle Neuburg zu verstehen ist. Nur der zur Herrschaft Feldkirch gehörige Bockshof in Kommingen steht auf Götzner Boden. Da gerade die Bock auch Inhaber des Jonenhofes waren, ist anzunehmen, dass das götznerische Kommingen erst spät von Götzis aus besiedelt wurde und wesentlich jünger ist als das in den frühen Urkunden von Neuburg / Kreuzlingen, Montfort/St.Johann (Feldkirch) und Mehrerau genannte. Der hier bemerkenswerte Name ,,Blatur“ ist noch nicht geklärt. [9]

 

Der Götznerberg hieß früher ,,Schwende„. ,,Schwenden“ ist eine sehr extensive Art des Rodens, nämlich durch Entfernung der Rinde, aber dann fast allgemein jede Art des Ausrodens vor allem des niederen Gebüsches, vor allem auch für die Viehweide. Der dortige Name ,,Geißen Lehen“ besagt, dass dort zunächst die Ziegen aufgetrieben wurden. Später siedelten sich dort Hirten an und bekamen von den Herrschaften gegen Zins einzelne Stücke zur Einzäunung und Bebauung zugewiesen. Als später diese Viehweide in Gemeindebesitz übergegangen war, folgten mit Genehmigung der Gemeinde andere Siedler, teilweise, um der Bodenknappheit im Tale auszuweichen.

 

Meschach lag wenigstens teilweise im Bereich der der Herrschaft Ems gehörigen Alpen und wurde von ihnen hofweise an Walser vergeben. Bei den folgenden Grenzstreitigkeiten zwischen Hohenems und Götzis wurde jedoch klargestellt, dass es zu Götzis gehört. Die Walser versuchten daraufhin, auch in Götzis und Altach Fuß zu fassen, was ihnen besonders in der Parzelle Tobel gelang.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

[1] 190) In der folgenden Zusammenfassung werden nur solche Dinge nachgewiesen, die nicht schon weiter oben nachgewiesen wurden. Weiter möge an dieser Stelle ganz allgemein auch auf die Ergänzungsschrift hingewiesen werden, die im Vorarlberger Landesarchiv aufliegt und nähere Belege und Überlegungen zu einzelnen Lokalisierungen bringt.

[2] 191) Die Auseinandersetzung darüber für das ganze Vorderland im allgemeinen s. Bilgeri, Benedikt: Geschichte Vorarlbergs, Bd. 1. S. 309 Anm. 84.

[3] Emser Jahrzeitbuch. LA, Grafschaft Hohenems, cod. 5. Anhang. Abgedruckt in: Alemania, Jg. 1, 1926, S. 146. Es ist zu beachten, dass hier Jann und Schmid, also urkundlich und mündlich überlieferte Inhaber des Schmitterlehens, bzw.. des Schlößles anstoßen und außerdem zur besseren Kontrolle noch die Emme als Anrainer genannt ist.

[4] Wenn man neben Namen wie Blatur, Spines, Fibrüte vor allem gerade hier einen romanischen Namen erwarten würde, so könnte sich ein solcher verhältnismäßig leicht, wenn auch nicht sicher, ergeben: Die romanische Bezeichnung für solche lange Äcker ist das aus dem Keltischen kommende Wort seglias (Schorta. Rätisches Namenbuch B. 2. 5. 31), in alemannischer Umformung als sill(s) zu erwarten, woraus leicht der im Flurnamen nicht gerade häufige Name Zil durch Umformung und Umdeutung hätte entstehen können.

[5] S. Karte in Montfort. Jg. 23 1971. H. 3. S. 318 und 320.

[6] S. Ulmer, Andreas. Burgen und Edelsitze Vorarlbergs und Liechtensteins. Dornbirn 1925. Bes. S. 149, 150.

[7] Gerade hier ist neben dem Bereich auf der Hub der zweite umfangreiche herrschaftliche Komplex im Gemeindegebiet von Götzis. Die Lokalisierungen wurden auf verschiedenen Wegen gewonnen, die hier

nicht vorgeführt werden können und deshalb in der Ergänzungsschrift gegeben werden müssen.

[8] St. Johann, Neuburg, der Jonenhof, die Grafschaft Hohenems und auch schon frühere, wie z. B. die Ministerialen von Montfort, von ihnen die Johanniter und vielleicht auch Mehrerau. Alle s. Ergänzungsschrift!

[9] Von verschiedenen möglichen Deutungen, die aber alle lautliche und lexikalische Schwierigkeiten aufweisen, entspricht am besten ein vorauszusetzendes plagiatura, das in den Formen Plaidura, Pledure, Pleduira u. a. (S. Glossarium Manuale ad Scriptores mediae et infimae Latinitatis . . . Halae 1778. Tom. V. S. 326, 339) bezeugt ist und einen Platz bezeichnet, der für die Errichtung eines Gebäudes geeignet ist.

Da es eine urkundliche Form Blactur gibt (Urbar der Herrschaft Feldkirch 1403), ist so nach dem Zusammenrücken eines g-Lautes mit dem t dessen Erhaltung am leichtesten zu erklären. Bei uns ist es wohl  von plagia, ,,Seite, Küste“, abgeleitet und bezeichnet einen freien Streifen an einem Fluß oder See, hier anschließend an das ehemalige Auland des Emmebaches.