Einen guten Rückschluss auf Größe, Zustand und Zweckbestimmung der Feste gegen Ende des 15. Judts. erlaubt das Inventar über ,,züg, husrat vnd varend Hab“ des Pfandschaftsinhabers Hiltpold von Knöringen von 1479. [1]
Knöringen begann seine Aufzeichnungen in der Kapelle. War es Pietät, eine mögliche Ersterreichbarkeit nach dem Eintritt in die Burg oder reiner Zufall? Die Auflistung beginnt mit: ,,Von erst aine monstranz, wigt an silber vi marck, funffzehen lot“. Eine Mark entsprach 0,281 kg, I Lot 0,0175 kg, was ein Gesamtgewicht von 1,948 kg bedeutete. [2]
Nun folgen der Reihe nach: 1 silberner Schrein, 1 vergoldeter Kelch samt Partene mit Wappen – rote Balken und eine rote Fahne im weißen Feld, 1 kleine vergoldete Monstranz mit Hostienbehältnis, 2 Meßbuchteile, 1 Büchlein mit etlichen allgemeinen Gebeten und 1 Büchlein zur Salz- und Wasserweihe, 3 Meßgewänder samt Zubehör und 1 Meßgewand ohne Zubehör, I Kissen unter das Meßbuch, 4 Altartücher und eine Altardecke, 2 Opferkännchen, 2 küpferne Leuchter, 2 Ampeln für das Ewige Licht – die eine aus Kupfer, die andere aus Glas, und je 1 Kessel für Weihwasser und Öl.
Direkt an das Kapelleninventar angereiht befindet sich die Aufzählung der Verteidigungs- und Angriffswaffen, wobei der Übergang von den herkömmlichen Stangen- und Bogenwaffen zu den Feuerwaffen deutlich erkennbar ist. Es handelt sich um: I Steinbüchse auf einem Karren – eine Kanone zum Abschießen von Steinladungen oder eines kugelförmig zugemeißelten Steines, I Steinbüchse auf einer Leiter-Lafette, 1 gefaßte (mit Beschlägen aufmontierte) Steinbüchse auf einem Bock-Gestell, 1 eiserne Klotzbüchse zum Verschießen der Klötze (Blei- oder Eisenkugeln), 2 lange gefaßte Terrasbüchsen – Wallbüchsen, auch Schlangen genannt, 2 gefaßte Schirmbüchsen – wahrscheinlich mit Balancelagerung durch Schildzapfen, I kleine Schirmbüchse und 4 gefaßte Bockbüchsen auf Böcken oder Schragen.
Bei Sanierungsarbeiten im Bereich des Wirtschaftsgebäudes (Y3) kam 1985 eine der zugemeißelten ca. 23 Zentimeter großen Steinkugeln des 15. Judts. zum Vorschein. Sie wurde auf Anordnung des Bundesdenkmalamtes an der Nordseite des Rondells (Y4) innen in die Ringmauer sichtbar eingemauert.
Die nachfolgend angeführten Handwaffen konnten wegen ihrer Länge und Schwere nur durch Auflegen und Einhaken auf einem Brustwehrgesimse oder -balken oder auf einem Bock abgefeuert werden. Sie sind demnach ebenfalls mehr als Verteidigungswaffen zu betrachten. Zu ihnen zählen: 27 geschäftete Hakenbüchsen aus Kupfer, und 5 aus Eisen.
Für Verteidigung und Angriff eigneten sich: 15 neue und 16 alte geschäftete Handbüchsen, deren Gebrauch freistehend möglich war. Die Feuerwaffen benötigten Treibsätze und Geschosse, die auf der Burg hergestellt wurden. An dafür benötigtem Material und zur Aufbewahrung dienender Behältnisse waren lagernd: ca. 112 kg Blei an zwei Stücken, 6 Platten Blei, ca. 56 kg Bleikugeln verschiedener Größe, 2 Truhen – eine neue und eine alte – in der sich etliches Zeug befand und 6 Ladtrücklein für Kugeln und Pulver, 5 Pulverkübel und viele Ladebüchslein lagen.
Das Pulver für die Treibsätze, Schwarzpulver, hergestellt aus Salpeter, Schwefel und Holzkohle, wurde in Holzgebinden – in Fäßchen oder in ,,Legelen“ – feuchtigkeits- und mehr oder weniger feuersicher verwahrt. Erwähnt werden: 2 Fäßchen mit Pulver, dann 67 kg Pulver in einem Fäßchen und in den ,,Ladtrücklein“, 4 ,,Legelen“ mit insgesamt ca. 22-27 kg Salpeter und eine ,,Legelen“ mit Schwefel. Die Bleikugeln goß man in der burgeigenen Schmiede und hatte dazu zur Verfügung: 14 Model, wovon 8 aus Kupfer bestanden.
Dass sich die Umrüstung der Burg- und Besatzungsbewaffnung noch mitten im Umbruch befand, erhellen am besten die folgenden Inventarstücke: 25 Armbrüste, dazu 5 Spannwinden, 12 Scheiben Sehnengarn, 12 Behälter mit Pfeilen und eine Sehnengarn-Aufspannbank, ferner 9 kleine Tartschen – Handschilde, 3 große Tartschen, 13 Mordäxte, 5 geschäftete Schweinespieße – Saufedern, die als Jagdwaffe dienten, 1 Hellebarde und 1 alter Panzer – eine Eisenrüstung. An der Anzahl der Handfeuerwaffen läßt sich unschwer die mögliche Garnisonsbereitschaft erkennen. Mit 32 Hakenbüchsen, 31 Handbüchsen und 25 Armbrüsten – sie waren um jene Zeit noch keine Museumsstücke, sondern tatsächlich noch in Gebrauch, ließen sich 88 Mann voll aktionsfähig ausrüsten. Notwendigerweise gehörten zu einer Burg auch verschiedene Werkzeuge und Hilfseinrichtungen, nach der Aufzeichnungsliste Knöringens eine erkleckliche Vielfalt: 3 Gewichtssteine aus Blei, 1 eiserner Stuckel (?), I Pulverwaage, 1 Mörser, 1 Stößel, alles Gegenstände zur Herstellung von Pulver und Treibsätzen.
Dem Bereich der Waffeninstandhaltung zuzuordenen sind: 1 ,,zwurren“ – Zündluntenstrick zu den Feuerwaffen, 4 Wurfkegel (?), 3 Bohrer zu den Büchsen – wahrscheinlich Büchsenlaufreiniger, und 1 ,,vichtl“ – ein Docht- oder Luntenschneider.
Zu den allgemein verwendbaren Sachen zählten: 1 Hebeisen, 4 Pickel, I eiserner Schlegel, 1 Haue, 1 Schaufel, 3 Äxte, 1 Beil, 1 Hammer, 2 große Nägel, I große Säge, und zwei Eisenklammern.
Der wohl wichtigste und am meisten benutzte Werkstättenteil der Burg oder Feste war die Schmiede. Ihre Bedeutung läßt sich an der Ausstattung erkennen, die auf der Neuburg angemessen war: 1 Amboß, 2 Blasebälge, 5 Schmiedezangen, 4 Schmiedehämmer, 2 Nageleisen – Vierkanteisen mit Löchern zum Schmieden der Nagelköpfe, 2 ,,Stempfeisen“ – vermutlich Stempel- oder Aufbrenneisen, 1 Schrothammer zum Auseinander- oder Abschneiden von Eisen, und 2 Zentner (112 kg) Eisen.
Direkt und kommentarlos an den obigen Inventarteil angereiht wurden die Haushaltsgeräte von Küche, Brunnen und Bad, ohne eine räumliche Unterteilung erkennen zu lassen: 1 Kessel, 1 Pfanne, 1 Pfannenknecht, 1 Rost zum Aufstellen von Töpfen auf das offene Feuer, 1 Bratspieß, 1 Schaber, I Fleischmesser, 2 Kellen, 2 Schleifsteine, 4 Zugseile, 2 eisenbeschlagene Kübel zur Zisterne – der eine mit einer Kette versehen, 1 Badefaß und ein Wasserkessel mit Deckel und Entleerungsrohr.
Schlafgemächer und Wächterstube sind sehr dürftig präsentiert durch: 3 Federbetten, 1 Strohsack, 1 Leintuch, 2 Kissen, 1 Federkissen, 2 Decken, 10 Bettrahmen, 1 ,,gutschen“ – Kinderbettstättchen oder Wiege, 1 Tischtuch, 2 Wächterpelze und 3 Filzüberzüge zu den Wächterschuhen.
Besser bestellt scheint es in Vorratskammer, Keller, Pfisterei und Küche gewesen zu sein. Auch hier läßt sich keine räumliche Zuordnung vornehmen, zumal die mit der Feuerstelle in unmittelbarem Zusammenhang gestandenen Gerätschaften bereits weiter oben angeführt wurden. Auf der Liste folgen: 1 Speisentrog, 4 Bottiche, I Sechter – ein Getreidehohlmaß, und 1 ,,Almorin“ – ein Almarium (Kästchen oder Schränkchen).
Nun befindet sich im Inventar die einzige Raumnennung in dem lapidaren Satz: ,,In der kuchin I buttervass“. Weiters waren vorhanden: 2 Teigmulden – Backtröge, 1 runder Holzteller, 6 Tische, 1 Hackstock, I Fischfaß, 2 Hackbänke, 2 ,,Wasserlegelen“ – Wasserfäßchen, I Aufwindleiter, 2 Hausleitern, 2 halbe Viertel – Getreidehohlmaße mit 12,35 Litern Fassungsvermögen, I Vierling – Getreidehohlmaß mit 6,17 Litern, 3 große Gelten, 5 kleine Gelten, 1 Kübel und 2 Näpfe.
Zum wichtigsten eines Burginventars zählen die eingelagerten Lebensmittelreserven. Hievon sind verzeichnet: 2 Laden Korn, darunter I Scheffel (ca. 100 kg) Roggen, I Scheffel Weizen, 1 Scheffel Mehl, 4 Scheffel Salz, 2 Scheffel allerlei Zutaten, 10 Viertel (ca. 123 Liter) gesottenes Schmalz, 8 Stock Unschlitt – Talg und in einer Gelte mit einem Deckel 4 Schmeerlaibe – Nierenfett vom Schwein.
Auch das Fleisch fehlte nicht: 4,5 Bachen Schweinefleisch, 1 Bachen Ochsenfleisch, und 20 Bachen mittelmäßiges Fleisch, vermutlich mit Normal- und Markknochenbeilagen.
Lebende Tiere gehörten ebenfalls zum unmittelbaren Burgbereich: 4 Zugochsen und 3 alte und 3 junge Schafe. Für kleinere Transporte dienten: 1 ,,barfüßerwagen“ – ein zweirädriger Handkarren, und 2 Joche mit Jochhelmen als Zuggeschirre. Die Futterreserve für die Tiere bestand aus 1 Fuder Heu, zu dessen Zubereitung 5 Gabeln und 4 Rechen zur Verfügung standen.
Den Schluss des Inventars bilden: 101 gesägte Bretter und 4 Stubenriemen. Hiltpold von Knöringen siegelte das Inventar am 6. März 1479 mit seinem eigenen Siegel und gab es zu Handen seines Pfandschaftsnachfolgers Peter von Höwen.
[1] Zingerle, Oswald: Mittelalterliche Inventare aus Tirol und Vorarlberg, Innsbruck 1909, S. 3-5.
[2] Verdenhalven, Fritz: Alte Maße, Münzen und Gewichte aus dem deutschen Sprachgebiet, Neustadt an der Aisch 1968, S. 33/8 und 34/8.